Am Dienstag, den 22.04.2025, besuchten Schüler/-innen der Q2-Biologiekurse eine Veranstaltung zum Thema Proxidrugs an der Goethe-Universität Frankfurt (Campus Niederrad). Die Veranstaltung ermöglichte einen aktuellen und praxisorientierten Einblick in die moderne Wirkstoffforschung auf molekularbiologischer Grundlage. Dabei wurden zentrale Aspekte der Unterrichtsreihe Molekularbiologie aufgegriffen – insbesondere die Struktur und Funktion von Proteinen, molekulare Wechselwirkungen sowie gentechnologische Ansätze zur gezielten Entwicklung neuer Medikamente.
Der Zukunftscluster PROXIDRUGS entwickelt neuartige Therapien für eine Vielzahl von Krankheiten, indem er das Prinzip des gezielten Proteinabbaus nutzt. Die Wirkstoffe, die dabei eingesetzt werden, bringen Proteine zusammen, die normalerweise nicht miteinander interagieren. Dadurch wird das Recyclingsystem der Zellen gezielt umprogrammiert, sodass krankheitsverursachende Proteine hochspezifisch abgebaut werden.
Dieses Verfahren eröffnet völlig neue therapeutische Ansätze. Schätzungen zufolge könnten damit bis zu 80 % der Proteine bekämpft werden, die bislang als für Arzneimittel unerreichbar galten.
Ein besonderes Highlight war der Publikumsdialog mit Forschenden, bei dem vor allem das Konzept der PROXIDRUGs im Mittelpunkt stand. Dabei wurden zwei Arten von PROXIDRUGs vorgestellt:
Zum einen die PROTACs, größere Moleküle, die aus drei chemischen Bausteinen bestehen – einem Bindungsmodul für das Zielprotein, einem Abstandhalter und einem Bindungsmodul für das abbauende Enzym.
Zum anderen die molekularen Kleber, kleinere Moleküle, die zunächst überwiegend zufällig entdeckt wurden. Inzwischen arbeitet man jedoch gezielt an ihrer Entwicklung. Computermodelle und Hochdurchsatz-Screenings unterstützen die Suche nach geeigneten Molekülen.
Ein weiteres Highlight war der Lightning Talk von Prof. Dr. Nicolas Thomä. Er berichtete über das Medikament Thalomid, wobei die Spannung im Raum spürbar anstieg.
Thalomid war der Auslöser des bislang größten Arzneimittelskandals. Es gehört zu den molekularen Klebern und wurde zwischen 1957 und 1961 als Beruhigungs- und Schlafmittel vermarktet – besonders häufig auch gegen Morgenübelkeit bei Schwangeren eingesetzt. Die Folgen waren verheerend: Weltweit kam es bei über 10.000 Neugeborenen zu schwersten Fehlbildungen. Ursache dafür war, dass die Wirkweise des Medikaments damals noch unbekannt war.
Heute weiß man aber, dass Thalomid als molekularer Kleber wirkt und dabei Proteine zerstört, die für die Entwicklung des Fötus essenziell sind. Gleichzeitig moduliert Thalomid das Immunsystem und besitzt entzündungshemmende Eigenschaften. Der Skandal um Thalomid führte zu einer erheblichen Verbesserung der Arzneimittelprüfung – und zeigte zugleich das große Potenzial, bestehende Wirkstoffe neu zu bewerten und gezielt weiterzuentwickeln.
Zum Abschluss wurde auch über die Kultur und die mitwirkenden Partner im Rhein-Main-Gebiet gesprochen. Dabei erfuhren wir, dass PROXIDRUGS sowohl national als auch international stark vernetzt ist und dass Nachhaltigkeit ein zentrales Thema darstellt.
Im Zukunftscluster arbeiten mittlerweile 22 Partner aus der akademischen und industriellen Forschung eng zusammen. Seit 2021 wird dieses interdisziplinäre Forschungsnetzwerk vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Insgesamt war der Besuch eine spannende und lehrreiche Erfahrung. Die Veranstaltung war ein voller Erfolg und bot uns eine einzigartige Gelegenheit, zahlreiche spannende Einblicke in die Welt der PROXIDRUGS zu gewinnen.
Von der Begrüßung über den Lightning Talk, den Dialog mit den Forschenden bis hin zum abschließenden Ausblick erhielten wir umfassende Informationen über die neuesten Experimente und Entwicklungen im Bereich der PROXIDRUGS.
Jede Rede und jedes Gespräch faszinierte auf seine eigene Weise und zeigte eindrucksvoll, wie spannend Chemie und Biologie sein können – und wie eng diese beiden Wissenschaften miteinander verknüpft sind.
Wir bedanken uns herzlich bei den Veranstaltenden für die Organisation und die inspirierenden Einblicke – ein Ausflug, der sicher vielen von uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.
[Text: Amelie Autz; Fotos: Yasemin Alparslan]